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Das Kniegelenk

Das Knie ist das größte Gelenk des menschlichen Körpers. Der Oberschenkelknochen, das Schienbein und die Kniescheibe bilden dabei die knöchernen Gelenkpartner.

Das Kniegelenk besteht aus zwei Einzelgelenken, dem Kniescheibengelenk zwischen Oberschenkelende und Kniescheibe, und dem Gelenk zwischen Oberschenkelknochen und Schienbein.

Die Flächen, die miteinander Kontakt haben, sind mit einem elastisch festen Überzug, dem sogenannten hyalinen Knorpel überzogen. Zusätzlich gibt es noch Dämpfer im Gelenk, die sogenannten Menisci, welche den Druck auf den Knorpel durch Vergrößerung der Kontaktfläche verkleinern. Diese sind notwendig, da das Knie nicht nur gestreckt und gebeugt, sondern auch in gewissem Grade gedreht werden kann. Die halbmondförmigen Menisci verlagern bei Dreh- und Beugebewegungen ihre Position. Aus diesem Grunde sind sie erheblichen Belastungen ausgesetzt und somit bekanntermaßen anfällig für Degeneration und Rissbildungen.

Das Kniegelenk ist wegen der erheblichen Belastungen und den dicht am Drehpunkt liegenden stabilisierenden Sehnen und Muskeln neben dem Sprunggelenk eines der am häufigsten verletzten Gelenke. 

Weitere Ursachen für Erkrankungen des Kniegelenkes sind erbliche Belastung, hohes Körpergewicht und zunehmendes Alter.

Obwohl ergänzende Verfahren, wie Kernspintomographie, Ultraschall und Röntgenuntersuchungen einen hohen Stellenwert einnehmen, ist die Anamnese und die Untersuchung der Schlüssel zur Diagnose. Außerdem sind die Beschwerden des Patienten ganz entscheidend für die Therapie. Ergänzende Untersuchungen sind häufig zunächst nicht notwendig und werden erst im Falle einer operativen Versorgung wichtig.

Schwerpunkt der Behandlung ist die konservative Therapie mit Änderung der Belastung, Physiotherapie und Maßnahmen zum Knorpelschutz. Konkret können das Anpassen der Schuhe, Einlagen, Nahrungsergänzung, Magnetfeldtherapie und/oder Injektionen sein.

Allerdings gibt es Erkrankungen, bei denen eine operative Versorgung notwendig wird, um spätere Gelenkschäden und die Entwicklung einer Arthrose zu verzögern oder zu vermeiden.

Hier die richtige Balance zu finden, ist der Schwerpunkt meiner Arbeit. Seit 1989 befasse ich mich mit der Diagnose und Therapie von Kniegelenkserkrankungen. In dieser Zeit habe ich circa 100.000 Patienten konservativ behandelt und circa 20.000 Patienten operativ versorgt. Der hohe Prozentsatz der operativ versorgten Kniegelenke resultiert aus der Arbeit in Zentren, in die niedergelassene Kollegen die Patienten für eine OP überweisen. Davon wird letztendlich nur jeder 5. Patient operiert.

Bei abnutzungsbedingten Schäden ist je nach Symptomen häufig eine konservative Therapie möglich.

Bei durch einen Unfall hervorgerufenen Rissen ist nicht selten die operative Therapie mit Naht und Erhalt des Meniscus notwendig und sinnvoll, um spätere Schäden zu vermeiden.

Das hintere Kreuzband kann bei früher Diagnose in den meisten Fällen konservativ mit entsprechenden Schienen und Nachbehandlungsprogrammen therapiert werden. 

Bei vorderer Kreuzbandruptur ist je nach sportlicher Aktivität und Alter des Patienten die operative Versorgung eine gute Option, um die sich durch chronische Instabilität entwickelnde Arthrose möglichst zu vermeiden. Insbesondere, wenn zusätzliche Meniscus Verletzungen vorliegen, die potenziell durch eine Naht versorgt werden können, ist  die Stabilisierung des Gelenkes Voraussetzung, damit die Meniscusrekonstruktion Aussicht auf Erfolg hat.

Seit 1996 kann hierfür der Ersatz des vorderen Kreuzbandes durch einen kleinen Teil der Oberschenkelstrecksehne im Pressfitverfahren verwendet werden. Diese Technik wurde in Zusammenarbeit mit der Firma Wolf 1995 von mir entwickelt und ist bislang allein in der Sportopädie in Heidelberg über 15000 mal durchgeführt worden. Der grosse Vorteil gegenüber anderen Verfahren ist unter anderem, dass kein Fremdmaterial verwendet werden muss.

Die Ergebnisse mit über 90% stabilen Kniegelenken sprechen für sich.

Selbstverständlich werden auch andere Verfahren zur Stabilisierung angeboten, wie zum Beispiel der Ersatz mit der Semitendinosussehne, die dann allerdings eine Fixierung mit Schrauben oder Titanbuttons erfordert. Insbesondere bei Kindern mit offenen Wachstumsfugen sollte der Kreuzbandersatz mit der Semitendinosussehne erfolgen.

Isolierte Seitenbandverletzungen können häufig mit Knie schienen und Physiotherapie behandelt werden, da sie dann auch ohne Operation stabil und gut aushalten. Die Ergebnisse sind dann sogar besser als mit Operationen. In einigen wenigen Fällen muss trotzdem operiert werden.

Verletzungsbedingte Knorpelschäden sind die Domäne der operativen Therapie, um Spätschäden zu reduzieren.

Hier gibt es mehrere Verfahren, die zum Einsatz kommen: von der Glättung über die Anfrischung des Knochens und Aufbringen von Kollagenfliesen, Einsetzen von Knorpelknochenzylindern bis hin zur Knorpelzelltransplantation (ACT) nach Anzüchtung.

Durch Abnutzung bedingte Knorpelschäden sind wiederum die Domäne der konservativen Therapie, wenn keine Achsfehlstellungen vorliegen, die einer operativen Korrektur bedürfen. Ich persönlich sehe die Indikation zur Achskorrektur eher dann gegeben, wenn eine durch Unfall bedingte Fehlstellung vorliegt. Gerade O-Beinachsen sind bei Sportlern überaus häufig. Hier sollte eher eine Beratung für konservative Maßnahmen, als eine Operation durchgeführt werden.

Osteochondrosis dissecans
Die Osteochondrosis dissecans (OD) ist eine Durchblutungsstörung im gelenknahen Knochen, die dann zu einem Untergang des Gelenksknorpel in diesem Areal führen kann. Wenn die OD nicht behandelt wird, kann sie letztendlich zum Ablösen dieses Bezirkes und Enstehung eines freien Gelenkkörpers führen. Je nach Stadium sind konservative oder operative Therapien erforderlich. 

Knochenödem
Als Knochenödem bezeichnet man zunächst eine Entzündungsreaktion des Knochens, die mit vermehrter Wassereinlagerung verbunden ist. Sie wird in der Regel durch zu hohen Druck auf den darüberliegende Knorpel ausgelöst.

Neben der konservativen Therapie kommen hier mehrere operative Verfahren zum Tragen. Die arthroskopisch kontrollierte Versetzung der Tuberositas Tibiae ist bei gegebener Indikation ein zuverlässiges Verfahren, um die erneute Auskugelung der Kniescheibe zu vermeiden oder die Schmerzen erheblich zu reduzieren.

Die sich über Jahre entwickelnde Arthrose ist lange Zeit die Domäne der konservativen Therapie. Ab und zu gibt es bei entsprechenden Problemen insbesondere bei Blockierungen oder geschwollenen Gelenken die Möglichkeit, durch einen arthroskopischen Eingriff die Situation zu verbessern. 

Die letzte Option ist ein künstlicher Ersatz oder Teilersatz des Kniegelenkes. Der Zeitpunkt wird in erster Linie durch die Schmerzen und Probleme des Patienten bestimmt. Das Röntgenbild und weitere bildgebende Verfahren sind hier nur ergänzend zu sehen. 

Wenn die Gehstrecke erheblich eingeschränkt ist, wenn Treppen laufen problematisch wird und der Patient beginnt, aufgrund von Schmerzen im Kniegelenk soziale Kontakte zu meiden, kann der Zeitpunkt zum Ersatz des Gelenkes gegeben sein. Die Verschleißschäden können einen oder mehrere Gelenkabschnitte betreffen. 

 

Operation
Man unterscheidet grundsätzlich Teilprothesen (Schlittenprothesen), ungekoppelte Gelenke (Oberflächenersatzgelenke) und bei schweren Achsfehlstellungen oder erheblicher Instabilität teilgekoppelte oder gekoppelte Gelenke.

Nachbehandlung
Der stationäre Aufenthalt im Krankenhaus nach der Operation beträgt ca 8-10 Tage. In dieser Zeit lernt der Patient wieder selbstständig zu gehen und Treppen zu steigen. Das Kniegelenk kann dann bis zum Zeitpunkt der Entlassung in der Regel nahezu vollständig gestreckt und ungefähr bis zu einem rechten Winkel gebeugt werden. In der Regel ist im Anschluß eine ambulante oder stationäre Rehabilitation erforderlich. Danach sollte der Patient den Alltag wieder meistern können.  Der gesamte Verlauf hängt natürlich auch von Begleiterkrankungen ab. Viele Patienten haben noch über Monate eine Schwellung des Gelenkes, die insbesondere das treppab laufen erschwert. Gehen in der Ebene ist meist schnell mit nur geringen Problemen möglich. Nach Krankengymnastik, Kraft- und Koordinationstraining und nach dem Verschwinden der Gelenkschwellung, kann das Gelenk auch sportlich wieder gut belastet werden.